Diesen Fatalismus teile ich nicht. Ich sehe in unserer Gesellschaft eine starke Tendenz zur Politisierung, was ja auch die offensichtliche Spaltung der westlichen Gesellschaften erst hervorgerufen hat. Die Menschen sind so politisch und idealistisch wie vielleicht zuletzt Ende der 60er Jahre. Die Richtung und Lautstärke, der Stil und die Mittel mögen uns nicht gefallen, aber den Egoismus und die politische Teilnahmslosigkeit wie in den 90er bis Mitte der 2000er nehme ich so nicht mehr wahr.
Und auch "die Wirtschaft" kann man nicht so über einen Kamm scheren. Die gerade angesprochene Politisierung der Gesellschaft treibt auch die Unternehmen vor sich her. Es gibt in fast allen Unternehmen Anstrengungen zu mehr Nachhaligkeit - wenn auch nicht immer aus Überzeugung - und politische Statements von Vorständen und Aufsichtsräten sind nach meiner Wahrnehmung auch häufiger geworden.
Naja, da widersprecht ihr euch ja gar nicht, du sprichst die Teilung der Gesellschaft ja selbst an.
Kann man der Type Politiker wie Julia Klöckner, die gestern Abend noch im Interview mit Theo Koll behauptete, sie hätte Deutschland an die Spitze Europas gebracht, was nachhaltige Erzeugung von Lebensmitteln anginge, denn tatsächlich noch irgendwas abnehmen, außer denn sie posiert gerade bei Werbefilmchen für Nestle?
Oder Seehofer, der aus Gründen einfach mal eine Untersuchung der Polizei ablehnt, nachdem er vorher einen deutlich positionierten Widerling wie Maßen befördert hat, weil dieser untragbar für den verfassungsschutz geworden war (sich gemacht hat)?
Von dem Verkehrsdebakel um Dobrindt/Scheuer fange ich jetzt erst gar nicht an.
Es ist aber jetzt nicht besonders verwunderlich, dass speziell die Union sich seit Jahren gegen jegliche Transparenz, wie z.B. ein Lobbyregister, mit Händen und Füssen wehrt.
Und die kleinen und fast abgehängten Unternehmen, die hecheln nun plötzlich dem Trend Nachhaltigkeit hinterher, wogegen die BigPlayer wie beispielsweise Apple die Unternehmensphilosophie noch verstärken, und immer weniger haltbare und reparable Geräte auf den Markt bringen.
Da habe ich dann übehaupt kein Verständnis dafür, gerade weil es quasi Monopolisten sind. Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum die Politik da nicht eingreift und im Sinne des Bürgers und Verbrauchers Regeln schafft, dass ein Gerät für 1.000,-- nicht nach 24 Monaten Schrott ist.
Andererseits hast du natürlich auch vollkommen recht, die Gesellschaft, mMn zwar eher die jüngere unter 30, ist schon deutlich politisierter als noch in den 90igern.
Das ist tatsächlich mal eine schöne Entwicklung. Mittlerweile bin ich sogar ein Fan von Rezo, obgleich ich bis zum dem CDU-Video noch alle (durchweg alle) youtuber für Vollspacken gehalten habe.
Als auch FFF, diese geballte und länderübergreifende Wucht dieser Bewegung hätte ich noch vor 4-5 Jahren für völlig illusiorisch gehalten.
Interessanterweise landen die Teile der Gesellschaft, die sich auch gar nicht politisieren wollen, die nichts mit einem Tempolimit anfangen können, die kein Problem mit der Kohle haben, die im Gegenteil sogar, den menschengemachten Klimawandel leugnen, meist bei der AfD oder anderen rechten Bewegungen landen.
Die jammern über die "Elite" der Altparteien, fühlen sich verraten und verkauft, stehen aber wirklich jeder Reform strikt mit Abscheu gegenüber.
"Es bleibt alles so wie es ist, da wird nichts dran gerüttet!"