Wenn Keita neben Forsberg wirklich wechselwillig ist, erlaube ich mir die leise Hoffnung auf ein tieferliegendes Problem des österreichischen Konstrukts. Ob eine Mannschaft, bei der zwei absolute Leistungsträger schon offen am Abgang feilen, erneut eine Saison deutlich über Soll abliefert, darf man optimistisch bezweifeln.
Mit noch mehr Optimismus könnte ich mir sogar ein systematisches Problem vorstellen. Ein Starspieler ist heutzutage ohne ausgefeilte Selbstvermarktung nicht mehr vorstellbar, und in diesem Punkt könnte Raba auf einmal keine gute Adresse mehr sein, egal wie sehr sich ganz Fußballdeutschland über den jungen, sympathischen Aufsteiger freut.
Anders als die historisch gewachsenen Topclubs muss sich Leipzig erst noch als eine Spitzenadresse etablieren, der "Verein" kann es sich daher nicht leisten dass ihm einzelne Spieler komplett die Show stehlen, selbst wenn sie auf dem Platz herausragen. Das von Rangnick propagierte Konzept beinhaltet nicht grundlos Punkte wie "keine teuren Stars", "salary cap" etc. Freilich ist das kein reines Nullsummenspiel, dennoch vermute ich dass ein angehender Topspieler seine eigene Marke im Schatten von sowohl Raba als auch von Red Bull (denn das Getränk bleibt der Kern aller Werbebemühungen) nicht optimal entwickeln kann.
Dieses Problem sehe ich bei etablierten europäischen Vereinen nicht. Selbst wenn der Trophäenschrank schon eine Weile nicht mehr geöffnet wurde glänzt er noch immer heller als der Emporkömmling Raba. Genug, um den eigenen Stars nicht den persönlichen Ruhm streitig zu machen, im Gegenteil dürfte es eher Synergieeffekte geben. Das können Ralle und Mintzlaff nicht endlos mit Mateschitz' Geldsäckerl kompensieren.
Der dritte Topspieler von Leipzig scheint den Gegenbeweis zu liefern. Allerdings würde ich Imo Erner dadurch relativieren, dass ihm durch "Die Mannschaft" eine zusätzliche Vermarktungsplattform zur Verfügung steht, die Forsberg und Keita nicht haben. Solange Ralle ihm nicht bei einem Werbetermin schreiend die Colaflasche aus der Hand schlägt, dürfte das in seinem Fall auch weiterhin gut funktionieren.
Die Leipziger Offiziellen haben sich immer vehement bemüht, den Faktor "Tradition" kleinzureden, aber vielleicht kommt er über diesen Umweg noch dazu sich an ihnen zu rächen.
Zugegeben liegen dem Gedanken die Annahme eines vollständig durchkapitalisierten Profigeschäfts einerseits, und andererseits die Hoffnung auf irgendeinen Stolperstein im Erfolgsweg des Red Bull Projekts zugrunde. Allein das ist schon ein gewisser Widerspruch, vielleicht reicht es trotzdem für einen kleinen Hoffnungsschimmer.